Während in Genf über den US-Plan für die Ukraine verhandelt wird, äußert sich der Kanzler zu Teilen davon kritisch: Über in der EU eingefrorenes russisches Vermögen könne die US-Regierung nicht verfügen, sagte Merz im ARD-Interview.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat den US-Plänen zur Verwendung des in der EU eingefrorenen russischen Vermögens eine klare Absage erteilt. „Das ist nicht akzeptabel“, sagte der CDU-Politiker im ARD-Interview nach dem G20-Gipfel in Johannesburg.
In dem von der US-Regierung erstellten 28-Punkte-Plan für ein Ende des Ukraine-Krieges heißt es, 100 Milliarden Dollar des beschlagnahmten russischen Staatsvermögens sollten in von den USA angeführte Bemühungen für Wiederaufbau und Investitionen in der Ukraine fließen. Die USA würden wiederum 50 Prozent möglicher Gewinne erhalten. Zudem sieht der US-Plan vor, dass die EU zusätzliche 100 Milliarden Dollar zum Wiederaufbau in der Ukraine beisteuert.
Merz sagte, dies seien Teile des 28-Punkte-Plans, „die ganz sicher nicht ohne unsere Zustimmung umsetzbar sind“. Diskutiert worden sei bislang darüber, russisches Vermögen für ein Darlehen zu nutzen. „Und wenn dieses Darlehen gegeben wird, dann wird es von der Europäischen Union gegeben und dann wird es der Ukraine gegeben, um damit weiter Waffen kaufen zu können. Das ist aber nichts, was die Amerikaner jetzt unmittelbar betrifft. Und deswegen können natürlich die Amerikaner auch über diesen Betrag nicht verfügen“, so der Kanzler. „Und die Forderung, nochmal 100 Milliarden aus Europa drauf zu legen, ist auch nichts, was aus unserer Sicht zustimmungsfähig ist.“
Merz hofft auf Fortschritte in Genf
In Genf wird heute über den 28-Punkte-Plan und über Änderungsvorschläge der Europäer diskutiert. An dem Treffen nehmen US-Außenminister Marco Rubio und der US-Sondergesandte Steve Witkoff teil, zudem die sicherheitspolitischen Berater der sogenannten E3-Staaten – Deutschland, Frankreich, Großbritannien – sowie Italiens und der Ukraine.
Merz erklärte, es gehe in Genf darum, Teile des US-Plans so zu formulieren, dass sie konsensfähig sind. „Ich kann und will den Verhandlungen, die im Augenblick in Genf geführt werden, hier nicht vorgreifen“, so der Kanzler. Es sei jedoch wichtig, jetzt einen Fortschritt zu erzielen.
„Wir sehen jeden Tag hybride Angriffe Russlands“
Merz betonte, der Krieg gegen die Ukraine sei eine gefährliche Situation für die gesamte politische Ordnung des europäischen Kontinents. Russland versuche diese zu zerstören. „Wir sehen ja hybride Angriffe Russlands jeden Tag – auf unsere Infrastruktur, auf unsere Datennetze“, sagte der Kanzler. Es gebe Sabotageakte: „Jetzt dieser letzte, den wir in Polen gesehen haben, auf eine wichtige Bahnverbindung zeigt eindeutig russische Handschrift.“
Vor einer knappen Woche war eine Eisenbahnstrecke zwischen Warschau und Lublin, über die Hilfslieferungen in die Ukraine transportiert werden, sabotiert worden. In einem Fall hätte ein Zug vermutlich durch eine Stahlvorrichtung an den Schienen zum Entgleisen gebracht werden sollen. Ein Zugführer hatte jedoch Alarm geschlagen. In dem anderen Fall detonierte ein Sprengkörper während der Durchfahrt eines Güterzugs. Verletzt wurde beide Male niemand.