Deutschland holt zehn afghanische Familien aus Pakistan

Von | 1. September 2025

Sie sind unterwegs – wenn auch mit Verspätung. Um 6.30 Uhr Ortszeit, eine Stunde später als geplant, startete die Linienmaschine der Turkish Airlines von Islamabad zunächst Richtung Istanbul. Von dort geht es weiter nach Hannover. An Bord sind zehn Familien, 47 Menschen.

Mit dabei ist auch eine Menschenrechtsaktivistin, sie ist Mutter von zwei Töchtern. Sie sei froh, sagte sie, dass sie nun ausreisen könne. „Meine Aufnahme verdanke ich vor allem meiner Tatsache, dass ich eine Frau bin. Denn Frauen sind einer direkten Bedrohung durch die Taliban-Regierung ausgesetzt.“ Ihnen werde alles vorenthalten, sogar Bildung, berichtete sie. „Sie haben kein Recht auf Gesundheit, sie haben kein Recht auf irgendetwas.“ Ohne einen Mahram – einen männlichen Verwandten – könnten Frauen nicht einmal irgendwohin gehen. „Den Frauen wird von den Taliban alles genommen“, klagte die Mutter.

Behörden schickten auch Menschen mit Aufnahmezusage zurück

Über viele Monate mussten sie warten – wie die anderen auch. In Pakistan waren sie in einem Gästehaus der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) untergebracht. Die Situation wurde zuletzt immer schwieriger, denn die pakistanischen Behörden hatten damit begonnen, auch diejenigen zurück nach Afghanistan zu schicken, die eigentlich nur auf der Durchreise waren.

Die 47 Menschen, die jetzt im Flugzeug sitzen, hatten allesamt Aufnahmezusagen der Bundesregierung. Dennoch mussten sie lange Zeit auf die Ausreise nach Deutschland warten. Visa erhielten sie erst, nachdem sie erfolgreich vor deutschen Verwaltungsgerichten geklagt hatten.

„Die Polizei suchte nach jedem“

„Es war eine sehr schlimme Situation. Die Polizei suchte nach jedem. Und jetzt ist die Visa-Vergabe sehr schwierig geworden. Die pakistanische Regierung gibt Afghanen keine neuen Visa mehr“, erklärt die Menschenrechtsaktivistin. Ihre Familie habe zu den Afghanen gehört, die kein Visum mehr hatten. „Sogar in Hotels und Pensionen griff die Polizei an – Kinder, Frauen und Männer. Sie nahmen alle mit. Und einige von ihnen brachten sie nach Afghanistan.

Dahin wolle sie auf keinen Fall zurück, sagt eine ihrer Töchter. Sie habe dort nur noch in Angst vor den Taliban gelebt: „Diese Angst trage ich immer noch in mir. Ich will nicht nach Afghanistan zurück. Ich will nicht in die schlechten Verhältnisse zurück. Ich könnte dort nicht leben, weil es dort kein Leben gibt.“

Tochter lernte in Pakistan Deutsch

Die Monate in Pakistan habe sie damit verbracht, Bücher zu lesen und Deutsch zu lernen, damit nur irgendwie die Zeit umgehe, erzählte die Tochter. In ihrem Zimmer sei ständig deutsches Fernsehen und ein Sprachkurs gelaufen. Sie wolle bald arbeiten, sagte sie. Etwas, was ihr in Afghanistan verboten war. „Ich möchte ein Mensch werden, der anderen Menschen helfen kann, ein nützlicher Mensch sein und denen helfen kann, die wie ich jung sind, aber ihre Ziele noch nicht erreicht haben.“

Die ganze Nacht hatten sie nun am Flughafen von Islamabad verbracht. Nach Informationen des ARD-Studios Südasien waren ihre Pässe und Visa auch noch einmal kontrolliert worden von Beamten der Bundespolizei und Vertretern der deutschen Botschaft in Pakistan. Aber dann ging es los.

Am frühen Nachmittag werden sie in Hannover erwartet, von dort aus soll es weitergehen ins Aufnahmelager im niedersächsischen Friedland. In Pakistan warten derweil noch um die 2.300 Menschen auf die Ausreise. Sie haben Zusagen der Bundesregierung, aber keine Visa.

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