Alle Macht dem Weißen Haus: Ein Jahr nach Trumps Wahlsieg

Von | 6. November 2025

Alle Macht dem Weißen Haus – dieses Konzept hat Donald Trump ein Jahr nach der US-Wahl in die Tat umgesetzt. Mithilfe von Dekreten, in denen der Präsident sich auf einen nationalen Notstand beruft, entlässt er bereits in den ersten Monaten Hunderttausende Beamte, lässt Einwanderer ohne Gerichtsverfahren festnehmen.

Er erhebt Zölle nach Belieben, schafft Verbraucherschutz- und Gleichstellungsvorschriften ab, blockiert Bundesmittel für Universitäten, Umwelt- und Sozialprogramme – obwohl der Kongress sie bewilligt hat.

Und: Trump setzt das Militär im Inneren ein. Als Präsident dürfe er tun, was auch immer er will, wenn er das Land in Gefahr sieht, so seine Behauptung.

Politisierung staatlicher Institutionen

Trump setzt auf eine konsequente Politisierung staatlicher Institutionen: Bundespolizei und Staatsanwaltschaft ermitteln gegen politische Gegner. Abschiebungsrazzien finden in oppositionell regierten Städten statt. Das Außenministerium erteilt und entzieht Visa entlang politischer Kriterien. Aufsichtsbehörden für Umwelt, Medien oder Arbeitsschutz werden von Loyalisten geleitet.

Und auch das Militär werde gegen politische Widersacher eingesetzt, warnt die demokratische Senatorin von Michigan, Melissa Slotkin. „Trump setzt die gesamte Macht der Regierung gegen Amerikaner ein, die er als seine Feinde betrachtet. Damit er und seinesgleichen die Macht niemals mehr abgeben müssen. Da liegt für mich der Zusammenhang zwischen seiner Definition von ‚inländischen Terroristen‘ und seinem Einsatz der Armee in amerikanischen Städten. Darauf steuern wir zu“, so Slotkin.

Der Trump-nahe Oberste Gerichtshof

Eine Schlüsselrolle in Trumps zweiter Präsidentschaft spielt der Oberste Gerichtshof, dessen Richter in den USA ebenfalls durch den Präsidenten nominiert werden. Dort herrscht aktuell eine Trump-freundliche Mehrheit, die noch auf seine erste Amtszeit zurückgeht.

Nicht weniger als 27 Eilanträge hat die Regierung Trump II am Obersten Gerichtshof gestellt, um sich die Verfassungsmäßigkeit ihres Vorgehens bestätigen zu lassen. 17 mal entschieden die Richter für Trump, vier weitere Verfahren laufen noch.

Warnung an die Republikaner

Das sei gefährlich, warnt Michael McConnell, Rechtsprofessor an der Stanford Law School und selbst ehemaliger Bundesrichter. Er glaubt, Trumps System der Machtkonzentration könnte auch vom nächsten Präsidenten ausgenutzt werden.

„Fast alles, was Trump tut, gab es schon mal. Auch er selbst wurde schon politisch angeklagt. Auch Joe Biden wollte ohne Kongressbeschluss Hunderte Milliarden für Wahlversprechen ausgeben. Aber wer an den Rechtsstaat glaubt, muss beides verurteilen“, meint McConnell. Den Republikanern sage er: „Euch mag gefallen, was Trump jetzt tut. Aber wenn die andere Partei wieder an die Macht kommt, könnte Euch dasselbe angetan werden.“

Noch feiert Trumps politische Basis seine Maßnahmen als Wiederherstellung amerikanischer Stärke und Effizienz. Doch während die Aktienmärkte auf einem Allzeithoch stehen, sinkt das Vertrauen der Bevölkerung in unabhängige Institutionen und den Rechtsstaat auf einen Tiefpunkt.

Bei den Demokraten können zwar die Erfolge bei den Regional- und Lokalwahlen vom Dienstag als politisches Lebenszeichen gelten. Doch sie zeigen auch, dass eine Anti-Trump-Kampagne allein nicht genügt, um die Dominanz seiner Republikaner bei den nächsten Kongresswahlen zu brechen. Dafür braucht es eine eigene, landesweit tragfähige Vision für ein Amerika nach Trump – und die ist bislang nicht in Sicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert