Trump droht, weil Kanada Palästinenserstaat anerkennen will

Von | 1. August 2025

US-Präsident Donald Trump hat Kanada mit Folgen für die Gespräche über ein Handelsabkommen gedroht. Grund: die vom kanadischen Premierminister Marc Carney signalisierte Absicht, einen eigenen Staat der Palästinenser anzuerkennen. „Wow! Kanada hat gerade angekündigt, dass es die Eigenstaatlichkeit Palästinas unterstützt. Das wird es für uns sehr schwierig machen, ein Handelsabkommen mit ihnen zu schließen“, erklärte Trump in seinem Onlinedienst Truth Social. „Oh‘ Kanada!!!“, schrieb er weiter unter Anspielung auf die kanadische Nationalhymne.

Die USA sind der wichtigste Handelspartner des nördlichen Nachbarlandes. Mehr als 70 Prozent der kanadischen Exporte gehen in die Vereinigten Staaten.

Trump: Werde die Hamas nicht belohnen

Zuvor hatte bereits das Weiße Haus in Washington betont, ein solcher Schritt Kanadas wäre nach Ansicht von Trump eine Belohnung für die palästinensische Terrororganisation Hamas. Trump werde die Hamas nicht belohnen, erklärte ein Sprecher. Der US-Präsident konzentriere sich darauf, die Menschen im Gazastreifen mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

An Fallschirmen hängen Pakete
Nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“: Über dem Gazastreifen werden am Mittwoch Hilfspakete abgeworfen Bild: Abdel Kareem Hana/AP Photo/picture alliance

Die im Gazastreifen herrschende Hamas und verbündete militante Gruppen hatte mit ihrem Terrorüberfall auf Israel im Oktober 2023 den Krieg in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer ausgelöst.

Israel: Kanadas Absicht ist kontraproduktiv

Ähnlich wie Trump äußerte sich die Regierung in Israel. Auch sie sprach von einer Belohnung der Hamas, falls Kanada seine Absicht umsetzen sollte. Die israelische Regierung verurteilte die Ankündigung als Teil einer „verzerrten internationalen Kampagne des Drucks“. Zudem würde ein solcher Kurswechsel der Regierung in Ottawa den Bemühungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen und um einen Rahmen für die Freilassung der verbliebenen Geiseln schaden, erklärte das israelische Außenministerium.

Dagegen begrüßte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die „historische Entscheidung“. Sie werde den Frieden, die Stabilität und die Sicherheit in der Region stärken, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA.

Premierminister Mark Carney und Außenministerin Anita Anand bei einer Pressekonferenz
Kanadas Premier Mark Carney und seine Außenministerin Anita Anand bei der Pressekonferenz zur Anerkennung eine Palästinenserstaates Bild: DAVE CHAN/AFP/Getty Images

Kanadas Premier Carney hatte am Mittwoch vor Journalisten in Ottawa angekündigt: „Kanada beabsichtigt, den Staat Palästina bei der 80. Sitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen im September 2025 anzuerkennen.“ Er begründete den Schritt mit den zunehmend schlechteren Aussichten auf eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost. Unter dem Begriff wird verstanden, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite existieren.

Die Zwei-Staaten-Lösung – eine Idee ohne Zukunft?

Carney verwies auch auf das „unerträgliche“ Leid der Menschen im Gazastreifen und das „anhaltende Versagen“ Israels, im Krieg gegen die Hamas eine humanitäre Katastrophe zu vermeiden. Die Hungerkatastrophe unter der Zivilbevölkerung in Gaza sei einer der Gründe für den Politikwechsel.

Kanada weicht mit seiner jetzigen Ankündigung von seiner langjährigen Haltung ab, einen Palästinenserstaat erst nach dem Abschluss von Friedensgesprächen mit Israel anzuerkennen. „Jahrzehntelang wurde gehofft, dass eine Zwei-Staaten-Lösung im Rahmen eines Friedensprozesses erreicht werden könnte, welcher auf einer Verhandlungslösung zwischen der israelischen Regierung und der Palästinensischen Autonomiebehörde basiert“, sagte Carney. „Leider ist dieser Ansatz nicht mehr tragbar“, fügte er hinzu.

Kanada verknüpft Anerkennung mit Reformen der Palästinenser

Der Regierungschef wies zugleich darauf hin, dass die geplante Anerkennung an dringend benötigte Reformen der Palästinensischen Autonomiebehörde im israelisch besetzten Westjordanland geknüpft sei. Dazu zählten eine grundlegende Reform der Regierungsführung, die Abhaltung von Parlamentswahlen im Jahr 2026 ohne Beteiligung der Hamas sowie die Entmilitarisierung des künftigen Staates.

Auf Nachfrage stellte Carney klar, dass es sich um eine Absichtserklärung seiner Regierung zur Anerkennung handele. Theoretisch sei ein Szenario möglich, dass er seine Entscheidung wieder zurücknehme, auch wenn er sich das zurzeit nicht vorstellen könne, sagte der kanadische Premier.

In der vergangenen Woche hatte die Regierung in Frankreich angekündigt, im September bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen einen Palästinenserstaat anerkennen zu wollen. Am Dienstag schloss sich dann auch Großbritanniens Regierung dieser Haltung an.

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