Großbrittanien plant eine Reform des Asylsystems, mit dem Berufungsanträge von abgelehnten Bewerbern schneller bearbeitet werden sollen. Am Wochenende kam es in mehreren Städten erneut zu Protesten vor Asylunterkünften.
Die britische Regierung will das System der Berufungsverfahren im Asylrecht reformieren. Damit sollten Entscheidungen beschleunigt und die kostspielige Unterbringung von Asylbewerbern in Hotels schrittweise beendet werden, teilte Innenministerin Yvette Cooper mit.
Die Änderungen seien Teil der Bemühungen, „Kontrolle und Ordnung“ in einem System wiederherzustellen, das bei der Regierungsübernahme ihrer Labour-Partei 2024 „im völligen Chaos“ gewesen sei. „Wir können mit diesen völlig inakzeptablen Verzögerungen nicht weitermachen“, sagte Cooper.
Rückstau von mehr als 100.000 Berufungsfällen
Kern der Reformpläne ist ihr zufolge die Einrichtung eines unabhängigen Juroren-Gremiums, das Berufungen von abgelehnten Antragstellern bearbeiten soll. Das neue Gremium soll die gesetzliche Befugnis erhalten, Berufungen zu priorisieren – etwa von Personen in teuren Unterkünften oder von ausländischen Straftätern.
Zudem soll eine gesetzliche Vorschrift eingeführt werden, nach der solche Berufungen innerhalb von 24 Wochen entschieden sein müssen. So soll der Rückstau von 106.000 Berufungsfällen abgebaut werden. 51.000 davon haben eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von mehr als einem Jahr.
Proteste vor Hotels mit Asylbewerbern
Ziel der Reformen soll es Cooper zufolge auch sein, die von der konservativen Vorgängerregierung eingeführte Nutzung von Hotels zur Unterbringung von Asylbewerbern zu beenden. Vor solchen Hotels wurde auch am Wochenende wieder demonstriert. Begonnen hatten die Proteste im Juli in Epping, rund 30 Kilometer nordöstlich des Londoner Stadtzentrums.
Nachdem ein Asylbewerber wegen eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs auf ein 14-jähriges Mädchen angeklagt worden war, kam es dort zu einwandererfeindlichen Ausschreitungen. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.
Hunderte Menschen haben seitdem an mehreren einwanderfeindlichen Protesten sowie Gegendemonstrationen teilgenommen. Die Unruhen breiteten sich auf weitere Städte aus, gestern wurde unter anderem vor Hotels in London und in Birmingham protestiert. Am Samstag hatten unter anderem in Bristol, Exeter, Tamworth, Cannock, Nuneaton, Liverpool, Wakefield, Newcastle, Aberdeen, Perth und London Proteste stattgefunden.
Zahl der Asylanträge auf Rekordhoch
Die Regierung von Premierminister Keir Starmer steht unter dem Druck der in Umfragen aufstrebenden rechtspopulistischen Partei Reform UK. Starmer will die Zahl der in Großbritannien ankommenden Asylbewerber verringern und die Unterbringung in Hotels bis zu den nächsten Wahlen beenden.
In den zwölf Monaten bis Juni dieses Jahres registrierten die britischen Behörden 111.084 Asylanträge und damit mehr als in jedem anderen Einjahreszeitraum seit Beginn der Aufzeichnungen 2001, wie das Innenministerium in London mitgeteilt hatte.