60 US-Dollar – dieser Preis ist für die FIFA wie ein Beleg für Fanfreundlichkeit. „Zu Beginn des Verkaufs können sich Fans Tickets für die Gruppenphase bereits ab 60 US-Dollar sichern und haben so einen erschwinglichen Zugang zum Turnier“, hieß es in einer Mitteilung der FIFA zum Start des Ticketverkaufs im September. 60 US-Dollar sind umgerechnet derzeit rund 52 Euro.
Ein Blick auf die Stadionpläne lässt jedoch erahnen, dass keine Kategorie so wenig Tickets umfassen wird wie jene vierte Kategorie, die den erschwinglichen Zugang sicherstellen soll. Nur kleinste Ecken sind in den Übersichten grün für Kategorie 4 gefärbt, während das restliche Stadion an allen Standorten orange, rot und blau für die Kategorien 1 bis 3 trägt.
Im Turnierverlauf wird es immer teurer, die besten Finalkarten außerhalb des VIP-Bereichs sollen zu Verkaufsbeginn 6.730 US-Dollar (ca. 5.790 Euro) kosten. Im Gegensatz zu früheren Turnieren sind bei der WM 2026 selbst die Plätze im Unterrang hinter dem Tor Teil der ersten Kategorie.
Stadionpläne
WM 2026 – Ticketkategorien in den Stadien
Auf Anfrage der Sportschau teilte die FIFA mit: „Die Diagramme mit den Standorten der Ticketkategorie 4 sind nicht maßstabsgetreu und spiegeln nicht unbedingt die tatsächliche Anzahl der verfügbaren Tickets in dieser Kategorie wider.“
In den beiden ersten Verkaufsphasen vertreibt die FIFA nach eigenen Angaben insgesamt zwei Millionen Tickets. Die Frage, wie viele Tickets insgesamt der Kategorie 4 zuzuordnen sind oder wie hoch der Anteil ist, beantwortete der Weltverband nicht.
Zuletzt veröffentlichte die FIFA die Anteile der Kategorien im Nachhinein, die Quote schrumpfte seit 2010 mit jedem Turnier. Bei den vergangenen Turnieren war die günstigste Kategorie nur für Menschen aus dem Gastgeberland zugänglich, 2026 steht sie allen Fans offen.
| WM | Anteil | 
|---|---|
| 2022 | 12% | 
| 2018 | 15% | 
| 2014 | 16% | 
| 2010 | 30% | 
*Quelle: FIFA-Finanzberichte
„Wenn die Sitzpläne des Stadions die Anzahl der verfügbaren Tickets widerspiegeln, handelt es sich lediglich um einen Marketingtrick, um Fans dazu zu verleiten, Tickets zu kaufen, die kaum existieren“, sagt Ronan Evain vom europäischen Fanbündnis „Football Supporters Europe“ im Gespräch mit der Sportschau. „Man hofft, dass die Fans dann schließlich teurere Tickets kaufen. Die FIFA aber kann behaupten, dass einige Tickets zu einem kleineren Preis erhältlich sind.“
 
 Ronan Evain, Direktor von „Football Supporters Europe“ (FSE)
FIFA mit hohen Erwartungen an die Einnahmen der WM
Die FIFA rechnet bei der WM mit soviel Geld wie noch nie. „Das Budget für 2026 wird im Zusammenhang mit der WM neue Höchststände erreichen“, heißt es im aktuellen Etat des Weltverbands. Im WM-Jahr erwartet die FIFA Einnahmen von fast neun Milliarden US-Dollar.
Davon sollen rund drei Milliarden US-Dollar aus dem Verkauf von Tickets und VIP-Paketen kommen – was fast eine Verdreifachung im Vergleich zu 2022 wäre. Zwar steigt durch die Erweiterung der WM auf 48 Teams auch die Zahl der Spiele von 64 auf 104 um fast 63 Prozent. Aber mit dem erwarteten Einnahmeplus bei Tickets und VIP-Paketen von fast 300 Prozent hält das nicht Schritt.
| WM | Tickets | VIP | 
|---|---|---|
| 2022 | 686 Mio. | 243 Mio. | 
| 2018 | 541 Mio. | 148 Mio. | 
| 2014 | 527 Mio. | 184 Mio. | 
| 2010 | 300 Mio. | 120 Mio. | 
*in US-Dollar – Quelle: FIFA-Finanzberichte
Wiederverkauf zu hohen Preisen möglich – plus Gebühren für Käufer und Verkäufer
Die Fans sollen die erhoffte Umsatzsteigerung finanzieren. Offen ist, ob die wenigen verfügbaren 60-Dollar-Karten aus der Kategorie 4 wirklich nur 60 Dollar kosten werden. Denn die FIFA hat eine Wiederverkaufsplattform eingerichtet.
Auch zahlreiche Bundesligisten geben Fans, die am Spieltag verhindert sind, die Möglichkeit zur Weitergabe ihrer Tickets. Doch beim Blick in die Geschäftsbedingungen des Weltverbands zeigen sich zwei entscheidende Unterschiede:
- Während in der Bundesliga nur Verkäufe zum Originalpreis möglich sind, bestimmt bei der FIFA der Verkäufer den Preis. Er kann die Tickets auch für ein Vielfaches des Originalpreises weiterverkaufen, es gibt keine Einschränkung.
- Die FIFA verdient bei diesen Verkäufen doppelt mit: Vom Verkäufer behält sie 15 Prozent des eingenommenen Geldes ein, beim Käufer schlägt sie 15 Prozent des Kaufpreises oben drauf. Je höher der Preis im Wiederverkauf ist, desto mehr Gebühren erhält die FIFA.
Die FIFA verweist darauf, dass der sogenannte „Zweitmarkt“ nach Gesetzeslage in den USA grundsätzlich zulässig ist. Eine eigene Plattform sei deshalb eine sichere Variante für die Fans, so der Weltverband. Zu den Gebühren teilte die FIFA mit: Es sei ein Ticketmodell erforderlich, „das Ticketkäufer dazu anregt, zweimal nachzudenken, bevor sie ihre Tickets möglicherweise auf dem Zweitmarkt anbieten“. Mit anderen Worten: Die Gebühren sollen vom Weiterverkauf abschrecken.
FIFA
Die Spielorte der WM 2026
60-Dollar-Ticket auf der FIFA-Plattform zum 46-fachen Preis erhältlich
Das funktioniert bislang höchstens teilweise. Schon jetzt werden auf der Plattform zahlreiche Karten angeboten. Auch die 60-Dollar-Karten in der Kategorie 4 bei den Gruppenspielen, die laut FIFA einen „erschwinglichen Zugang zum Turnier“ geben sollten, waren dort am Dienstag (28.10.2025) verfügbar. Bei Gruppenspielen in Miami (908,50 US-Dollar) und in Dallas (626,75 US-Dollar) wurden die ehemals einigermaßen günstigen Tickets bereits für ein Vielfaches angeboten.
Bei einem Gruppenspiel in Mexiko-Stadt ohne Beteiligung des Mitgastgebers Mexiko wurde eine 60-Dollar-Karte für 2.748,50 US-Dollar angeboten – das 46-fache des Originalpreises. Ein Ticket für das WM-Finale in der Kategorie 2 war am Dienstag für 20.700 US-Dollar inklusive Steuern erhältlich, Kategorie 1 stand für 64.400 US-Dollar zum Verkauf.
 
 Statt 60 US-Dollar kosten manche Tickets bei der FIFA nun 2.748,50 US-Dollar.
„Das ist nichts anderes als ein organisierter Schwarzmarkt, der dem Profit der FIFA dient – ein Paradies für Schwarzhändler“, kritisiert Fanvertreter Evain. „Die Aufgabe der FIFA ist es, den Markt zu regulieren, und nicht jede sich bietende Möglichkeit der US-Gesetzgebung auszunutzen, um die eigenen Gewinne zu maximieren. Aber genau diesen Weg hat die FIFA gewählt.“
„Dynamische“ Preisgestaltung in der Kritik
Kritik gab es bereits an den hohen Anfangspreisen und am Prinzip „Dynamic Pricing„, bei dem sich der Preis alleine an der Nachfrage ausrichtet, so wie bei der Buchung von Flügen oder Hotelzimmern. So ging die FIFA auch bei der Klub-WM vor.
Die FIFA teilte mit, dass sich „das gewählte Preismodell an der gängigen Praxis in den Gastgeberländern bei großen Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen orientiert“. Gemeint ist, dass in den USA „Dynamic Pricing“ üblich ist. Das Prinzip findet auch in der Fußball-Profiliga MLS und bei anderen Sportveranstaltungen Anwendung.
 
 FIFA-Präsident Gianni Infantino (r.) präsentiert ein WM-Ticket mit US-Präsident Donald Trump.
Fanvertreter Evain kritisiert das Vorgehen. „Beim ‚Dynamic Pricing‘ geht es ausschließlich um Gewinnmaximierung, die Fans ziehen den Kürzeren. Das Prinzip erzeugt psychischen Druck auf die Fans, aufgrund der schnellen Preisänderungen oder deren Androhung schnell zu handeln“, sagt er und betont, das „Football Supporters Europe“ sich auf europäischer Ebene für ein Verbot aussprechen.
Weitere Einnahme: FIFA verkauft Vorkaufsrechte auf Tickets
Zahlreiche Fans lassen sich ihre Leidenschaft viel kosten. Aus Leidenschaft wird aber manchmal Verzweiflung, wenn es um die Kartensuche geht. Die FIFA schaffte mit diesem Umstand einen weiteren Einnahmestrom. Sie verkaufte vielfach ein sogenanntes „Right-to-buy„, ein Kaufrecht.
So sollen Fans sicher sein, dass sie ein Ticket kaufen dürfen, statt auf eine Verlosung hoffen zu müssen. Das Prinzip: Bezahlen, um kaufen zu dürfen. Die FIFA teilte dazu mit, dass sie keine Details zu ihren Geschäftsstrategien veröffentliche. „Wir analysieren und bewerten diese Strategien jedoch regelmäßig, um sicherzustellen, dass sie im Interesse der Fans und des globalen Fußballs liegen.“
Ein Beispiel: Wer 999 US-Dollar für ein Kaufrecht beim WM-Finale ausgibt, hat damit die garantierte Möglichkeit, ein WM-Finalticket zum Preis für mehrere tausend weitere US-Dollar zu kaufen – wenn das jeweilige Lieblingsteam das Finale erreicht. Für andere Spiele kauften Fans ein Vorkaufsrecht ohne jede Gewissheit, was die Tickets kosten und welche Teams mitspielen.
 
 Die FIFA verkauft Vorkaufsrechte auf Finaltickets für die WM 2026.
Das Portal „The Athletic“ berichtete, dass diese Tickets sich fast ausschließlich in den Kategorien 1 und 2 befinden. „Wenn man es höflich formuliert, handelt es sich um eine innovative Geschäftspraxis“, sagt Fanvertreter Evain. „Der FIFA gehen niemals die Ideen aus, um die Loyalität der Fans auszubeuten.“
Die FIFA weist darauf hin, dass das Geld in die Fußballentwicklung und soziale Projekte weltweit fließe. Gemeint ist das „Forward„-Programm. Auch der DFB profitiert von dem Geld der FIFA. Seit dem Amtsantritt von FIFA-Präsident Gianni Infantino 2016 hat der deutsche Verband mehr als 11 Millionen Euro über das Programm von der FIFA erhalten. Hinzu kommen gegebenenfalls Prämien für sportliche Leistungen bei den WM-Turnieren.
DFB noch ohne Informationen zu Preisen für Fans des deutschen Teams
Dem DFB steht wie üblich ein Kontingent an Tickets für seine Fans zu, sofern sich das Team qualifiziert. Der DFB teilte auf Anfrage der Sportschau mit, dass es für ihn zunächst um die Qualifikation gehe. Er werde sich äußern, „sobald die Informationen zu Ticketpreisen und Ticketvergabe von der FIFA vorliegen“.
Die FIFA bestätigte, dass sie die Kontingente für die Fans der jeweiligen WM-Teams „zu einem Festpreis anbietet“. In welchen Kategorien sich diese Karten befinden und wie hoch diese Festpreise sein werden, sagte die FIFA nicht.
 
 Deutsche Fans beim Qualispiel zur WM 2026 in Belfast/Nordirland































