Die Europäische Union hat im ersten Halbjahr Flüssigerdgas aus Russland im Wert von rund 4,48 Milliarden Euro importiert. Das ist knapp ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Wirken die Sanktionen nicht?
Warum fließt weiter Gas aus Russland in die EU?
Wegen der hohen Abhängigkeiten vom Energieträger Gas hat die EU-Kommission die Einfuhr von russischem Erdgas noch nicht sanktioniert, anders als die Einfuhr der fossilen Energieträger Öl und Kohle. Zwar fließt seit dem 31. August 2022 kein russisches Gas mehr durch die wichtige Pipeline Nordstream 1 in die Europäische Union, doch kommt derzeit weiterhin Gas aus Russland in die europäische Staatengemeinschaft: als Flüssigerdgas (LNG) über Tankschiffe und durch die Pipeline Turkstream.
2024 machten Gaslieferungen aus Russland nach Angaben der EU-Kommission knapp 19 Prozent aller Importe aus. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge natürliches und verarbeitetes Gas im Wert von 15,6 Milliarden Euro aus Russland importiert. Zum Vergleich: Aus den USA kam Gas im Wert von 19,1 Milliarden Euro.
Wie lange darf Russland noch Gas in die EU liefern?
Vor dem Hintergrund des seit Februar 2022 andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will die EU-Kommission die Einfuhr von russischem Gas in die EU komplett untersagen: Von 2028 an soll nach dem Willen der Behörde kein Gas aus Russland mehr ankommen.
Für langfristige Lieferverträge soll das Verbot laut einem Kommissionsvorschlag ab dem 1. Januar 2028 greifen. Gasimporte im Rahmen von kurzfristigen Verträgen will die Kommission schon in einem knappen Jahr verbieten, vom 17. Juni 2026 an. Wird auf Basis von nun noch abgeschlossenen, neuen Verträgen noch russisches Gas bezogen, so soll dieses ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr eingeführt werden dürfen.
Grundlage für die Pläne sollen das EU-Handels- und EU-Energierecht sein. Der Vorschlag muss aber noch von den EU-Ländern und dem EU-Parlament verhandelt werden. Auf Ebene der Länder braucht es die Zustimmung von 15 von 27 EU-Staaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Sind auch deutsche Unternehmen betroffen?
Sollten die Einfuhrbeschränkungen wie von der Kommission vorgeschlagen kommen, ist auch das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe betroffen. Auf Basis eines bestehenden, langfristigen Vertrags importiert es weiter Flüssigerdgas aus Russland in die EU.
Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Energiekrise in Deutschland verstaatlicht.
Was genau das Importverbot für Sefe bedeutet, ist noch unklar: „Eine abschließende Bewertung der Auswirkungen der Verordnung der Europäischen Kommission zum Phase-out der russischen Energieimporte ist erst möglich, wenn diese finalisiert ist“, teilte das Unternehmen mit.
Hat das Verbot Folgen für Verbraucher in Deutschland?
Nach Angaben der Europäischen Kommission müssen sich Verbraucher keine großen Sorgen machen. Die Maßnahmen sollen schrittweise und in Abstimmung mit den EU-Ländern umgesetzt werden, um Auswirkungen auf die Preise zu minimieren.
Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind die Preise für Erdgas in Deutschland und Europa zeitweise deutlich angestiegen. Erdgas ist einer der wichtigsten Energieträger für private Haushalte und die Industrie in Deutschland. Der Großteil wird aus dem Ausland importiert.
Einer Analyse der EU-Behörde zufolge könnten die verbleibenden Gasmengen aus Russland ohne Risiken für die Versorgungssicherheit auslaufen. Auf dem globalen Gasmarkt gebe es genügend alternative Anbieter. Dennoch enthält der Kommissionsvorschlag eine Art Sicherheitsklausel, falls die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährdet werden könnte. Unter diesen Umständen könnte die Kommission danach einem oder mehreren betroffenen EU-Ländern erlauben, die Einfuhrverbote für Gas auszusetzen.