Bundeskanzler Merz in Israel: Ein Besuch als Balanceakt

Von | 8. Dezember 2025

Einerseits die Wogen glätten in den deutsch-israelischen Beziehungen, die im Gaza-Krieg Schlagseite bekommen hatten – andererseits Kritik deutlich machen. Das hatte sich Friedrich Merz bei seinem Antrittsbesuch in Israel vorgenommen.

Sieben Monate nach Amtseinführung besuchte der Kanzler das Heilige Land. Später als es ihm lieb gewesen wäre, sagte er nach einem Vieraugengespräch mit Israels Premier Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Israel habe das Recht, sich selbst zu verteidigen – gerade nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober, betonte Merz. Deutschland stehe zum Existenzrecht Israels, sagte der Kanzler – allerdings ohne das Wort Staatsräson zu erwähnen.

Merz betont Recht auf Selbstverteidigung

„Israel hat das Recht und geradezu die Pflicht, seine Bürger und seine Existenz gegen diejenigen zu verteidigen, die dem demokratischen jüdischen Staat das Existenzrecht immer wieder absprechen“, betonte er. „Kein Staat kann es hinnehmen, dass seine Bürger, wie etwa in den Kibbuzim um Gaza, von islamistischen Terroristen ermordet, entführt und gefoltert werden.“

Allerdings habe der Krieg in Gaza und das Leid der Zivilbevölkerung im Küstenstreifen die Bundesregierung vor ein Dilemma gestellt, so Merz. Deutschland hatte darauf mit einem kurzzeitigen Waffenembargo reagiert. Fast entschuldigend erklärte Merz, was der Balanceakt für ihn bedeutet: Einerseits muss Deutschland für Israels Sicherheit einstehen, aber auch für Menschenwürde und Recht, die den Kern der deutschen Verfassung nach der Shoah ausmachen, so der Kanzler:

Deutschland wolle sich für einen dauerhaften Frieden in Gaza engagieren, diplomatisch, durch die Lieferung von Hilfsgütern und beim Wiederaufbau. Der Bundeskanzler sprach von einer neuen Ordnung, in der Israelis und Palästinenser in Würde und Sicherheit leben können. Deshalb befürworte Deutschland weiterhin die Zweistaatenlösung, der Verhandlungen auf beiden Seiten vorausgehen müssten.

Deutlich sprach sich Merz auch gegen eine Annexion im Westjordanland aus und ging damit auf Konfrontationskurs. Netanjahu machte keinen Hehl daraus, dass er einen palästinensischen Staat entschieden ablehnt.

Internationaler Haftbefehl gegen Netanjahu

„Was die Zweistaatenlösung betrifft, haben wir unterschiedliche Meinungen“, erklärte Netanjahu. „Wir werden keinen Staat vor unserer Haustür schaffen, der vorhat, uns zu zerstören. Wir werden immer darauf bestehen, dass die souveräne Sicherheitsmacht vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer in unseren Händen liegt.“

Gegen Netanjahu liegt noch immer ein Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshofes vor, wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen. Netanjahu nannte die Vorwürfe gegen ihn absurd. Kritiker der rechten israelischen Regierung hatten auch ein Treffen des Kanzlers mit der Opposition gefordert. Auch ein Treffen mit der palästinensischen Seite gab es nicht.

Sendungsbild
Player: videoBjörn Dake, ARD Tel Aviv, über den Antrittsbesuch von Kanzler Merz in Israel

Gedenken in Yad Vashem

Bewegende Worte fand der Kanzler nach einem Rundgang und nach der Kranzniederlegung in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. „Wir werden die Erinnerung lebendig halten an das furchtbare Verbrechen der Shoa, das Deutsche am jüdischen Volk begangen haben“, sagte er. „Hier, in Yad Vashem ist mit Händen zu greifen, welche bleibende historische Verantwortung Deutschland trägt.“

Dass Deutschland für das Existenzrecht Israels einstehe, gehöre zum unveränderlichen Wesenskern der deutsch-israelischen Beziehungen, und zwar für immer, schloss Merz seinen Besuch in Yad Vashem mit einem Eintrag ins Gästebuch. Zum Ende des 15-stündigen Kurzbesuchs traf sich der Kanzler noch mit ehemaligen Geiseln und deren Familienangehörigen.

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